Etymologie
Die Bezeichnung Karneol ist das Ergebnis einer langen begriffsgeschichtlichen Entwicklung, in deren Verlauf unterschiedliche Namen für das verwendet wurden, was man heute mineralogisch als rötlich gefärbten Chalcedon klassifiziert. In der Antike und im Mittelalter wurden Bezeichnungen wie sardius, sardion, cornelius, cornelinus oder corneolus teils synonym, teils differenzierend gebraucht, abhängig von Farbe, Transparenz und Herkunft. Erst ab dem 19. Jahrhundert setzte sich durch mineralogische Systematisierung eine klare Nomenklatur durch, die Karneol als eigene Varietät definierte.[2]
Der Stein ist farblich und mineralogisch eng mit verwandten Varietäten wie dem Sarder oder Sardonyx verbunden, unterscheidet sich jedoch durch seine hellere, oft orange- bis fleischrote Tönung. Die Herkunft der Bezeichnung Karneol ist vielschichtig. Im Mittelalter war corneolus gebräuchlich; daneben existieren Varianten wie cornelinus, cornelius und corniol. Im 18. und 19. Jahrhundert findet sich auch die Form Karniol. Zwei konkurrierende Etymologien prägen die moderne Diskussion: Die eine führt den Namen auf caro („Fleisch“) zurück, die andere auf cornum („Kornelkirsche“), eine Deutung, die bereits Hildegard von Bingen mit Blick auf die Fruchtfarbe äußert.[1]
In der Antike finden sich bei Plinius dem Älteren (23–79 n. Chr.) in der Naturalis Historia die Bezeichnungen sardius und carnelianus für rotbraune, durchscheinende Edelsteine mit Herkunft aus Babylonien und Indien.[4] Dioskurides (1. Jh. n. Chr.) nennt den Stein als sardion und beschreibt seine Verwendung zur Blutstillung.[5] Galen (129–ca. 216 n. Chr.) übernimmt diese Bezeichnung in seinem Werk De simplicium medicamentorum facultatibus und ordnet ihm kühlende, adstringierende Eigenschaften zu.[6]
Im Mittelalter wird der Stein meist als cornelinus oder cornelius bezeichnet. Marbod von Rennes (gest. 1123) beschreibt ihn im Liber lapidum als feurig, durchscheinend und wirksam gegen Ängste.[7] Hildegard von Bingen (1098–1179) betont im Physica-Traktat seine blutreinigende und herzstärkende Wirkung.[8] Albertus Magnus (ca. 1200–1280) unterscheidet zwischen cornelius und sardus, wobei er dem ersteren stärkere Lichtdurchlässigkeit zuschreibt.[9]
Die französischen Formen corneline und corniole führten zur deutschen Variante Karneol. Ab dem 17. Jahrhundert wurde zunehmend caro („Fleisch“) als Etymologie betont, etwa bei Rémy Belleau (1576), der den Stein in poetisch-medizinischem Kontext beschrieb.[3]
Die moderne mineralogische Definition als eisenhaltige Varietät des Chalcedons mit charakteristisch rötlicher Färbung wurde im 19. Jahrhundert präzisiert, insbesondere durch Max Bauers Edelsteinkunde (1896), und ist heute international standardisiert.[2]
Überlieferung & Mythos
Karneol zählt zu den ältesten von Menschen genutzten Steinen. Die ältesten Belege für die Verarbeitung von Karneol stammen aus der Jungsteinzeit. Im alten Ägypten wurde der Stein zu Siegelringen und Gemmen verarbeitet und diente als solches, beispielsweise für den Pharao Ramses II, als Machtsymbol der Herrscherklasse. Sehr früh bediente man sich in seinem Zusammenhang der Technik des Ätzens. Entstanden in Indien, wurde diese Technik unter anderem auch in Mesopotamien genutzt. Die zuerst vorwiegend in Indien entstandenen Schmuckstücke erreichten sehr früh, bereits im Bronzezeitalter, über Handelsrouten ihren Weg bis in den arabischen Raum.[2] Späterhin in der Eisenzeit etwa 800 vor Christus bis 500 nach Christus erreichten sie schließlich sogar Südostasien, wie beispielsweise das heutige Kambodscha und Thailand, was die hohe Bedeutung dieses Steins belegt.[3] Er ist einer der zwölf Steine des Schilds des Hohenpriesters zu Israel und einer der zwölf Steine der Stadtmauer, der in der Bibel erwähnten Stadt, Neujerusalem. Aufgrund seines hohen Vorkommens in der Region, die man heute gemeinhin als Vereinigte Arabische Emirate bezeichnet, besitzt der Stein eine in dieser Region und insbesondere im Islam einzigartige Sonderstellung. So soll der Überlieferung nach der Prophet Mohammed einen silbernen Siegelring mit einem eingefassten rechteckigen Karneol auf dem in kufischer Schrift „Mohammed, Prophet Gottes“ stand, getragen haben. Doch auch in Europa genoss der Stein höchstes Ansehen. In römischer Kaiserzeit (0–375) war Karneol neben Glas das häufigste Material zur Herstellung von Gemmen und diente auch im mittelalterlichen Europa, wie beispielsweise bei August dem Starken, als Sinnbild für Reichtum, Erfolg und Macht.