Etymologie
Der Name „Apatit“ leitet sich vom griechischen Wort ἀπατάω (apatáō) ab, was „täuschen“ oder „irreführen“ bedeutet. Diese Bezeichnung erhielt das Mineral, weil es in Aussehen und Farbe leicht mit anderen Mineralien wie Beryll, Olivin oder Quarz verwechselt werden kann. Bereits im 18. Jahrhundert erkannte der deutsche Mineraloge Abraham Gottlob Werner diese Eigenschaft und prägte daraufhin den Namen. Er führte den Begriff „Apatit“ erstmals in seinem Werk „Von den äußerlichen Kennzeichen der Fossilien“ ein, das 1774 in Leipzig erschien.[1] Die Bezeichnung sollte ausdrücklich auf die irreführende Erscheinung des Minerals hinweisen und war Teil von Werners Bemühung, eine systematische, auf äußerliche Merkmale gestützte Mineralienklassifikation zu etablieren. Der Name setzte sich seither rasch in der mineralogischen Fachliteratur durch.
Überlieferung & Mythos
Apatit, ein wichtiges Phosphatmineral, wurde über Jahrtausende hinweg in unterschiedlichen Kontexten genutzt – von der Landwirtschaft über rituelle Anwendungen bis hin zur modernen Technik. Während eine gezielte mineralogische Nutzung von Apatit in der Antike nicht dokumentiert ist, existieren Hinweise auf die Verwendung apatitreicher Gesteine und organischer Phosphorquellen wie Knochenasche oder Tierüberreste zur Düngung landwirtschaftlicher Flächen. Solche Praktiken lassen sich beispielsweise in der griechischen und römischen Antike sowie in präkolumbianischen Agrarsystemen nachweisen, wo phosphorreiche Materialien zur Bodenverbesserung eingesetzt wurden.[2]
Neben agrarischen Anwendungen spielte apatithaltiges Material möglicherweise auch eine Rolle in rituellen und kunsthandwerklichen Kontexten. Vor allem phosphatführende, farbige Gesteine – wie bestimmte Varietäten von Apatit mit intensivem Blau oder Grün – wurden in mehreren präkolumbianischen Kulturen Lateinamerikas für die Herstellung von Schmuck, Amuletten oder kultisch aufgeladenen Objekten verwendet. Solche Apatite, die aufgrund ihrer Transparenz und Farbintensität an Edelsteine erinnern, lassen sich archäologisch beispielsweise aus Fundkontexten der Maya oder Inka nachweisen, wenngleich eine mineralogisch gesicherte Identifikation nicht immer vorliegt.[3] In altägyptischen Kontexten wurden ebenfalls phosphatreiche Pigmente genutzt, bei denen Apatit eine Rolle gespielt haben könnte – etwa in Form von Knochenasche als Bestandteil farbiger Fayencen oder Glasuren.
Mit dem Aufkommen der Agrarchemie im 19. Jahrhundert wurde Apatit zu einem industriell bedeutenden Rohstoff. Durch chemischen Aufschluss konnte das im Apatit gebundene Phosphat in Form von Superphosphat für die Düngemittelproduktion nutzbar gemacht werden. Damit entwickelte sich das Mineral zu einer der weltweit wichtigsten natürlichen Quellen für Phosphor in der Landwirtschaft.[4]
In der Gegenwart hat sich das Nutzungsspektrum von Apatit weiter diversifiziert. In der Medizin dient insbesondere Hydroxylapatit als bioaktives Material in der Zahnimplantologie und Knochenregeneration, da es strukturell dem menschlichen Hartgewebe ähnelt.[5] Zudem wird Apatit in der Umwelttechnik zur Schwermetallbindung und in der Nukleartechnik zur langfristigen Immobilisierung radioaktiver Elemente eingesetzt, da seine Kristallstruktur zahlreiche Kationen substituieren kann.[6]
Entstehung & Vorkommen
Apatit ist eine Gruppe von Phosphatmineralen mit der allgemeinen Formel Ca₅(PO₄)₃(F,Cl,OH) und zählt zu den häufigsten Phosphatmineralen der Erdkruste. Die drei wichtigsten Endglieder sind Fluorapatit, Chlorapatit und Hydroxylapatit. Apatit tritt weltweit sowohl in magmatischen als auch metamorphen und sedimentären Gesteinen auf. Als akzessorisches Mineral in granitischen, syenitischen und pegmatitischen Magmatiten kristallisiert Apatit aus phosphorhaltigen Silikatschmelzen, meist unter relativ trockenen Bedingungen und bei geringer Aktivität von flüchtigen Phasen[7]. Die Komposition der Apatite spiegelt dabei häufig die Volatil- und Spurenelementzusammensetzung des Wirtsmagmas wider und erlaubt Rückschlüsse auf die magmatische Entwicklung und Differentiation[8].
Experimentelle Arbeiten belegen zudem, dass Apatit insbesondere bei Druck-Temperatur-Bedingungen oberhalb von 650 °C und 2–3 kbar stabil ist und in granitischen Systemen mit signifikanten Konzentrationen von F, Cl und S gesättigt auskristallisieren kann[7].
In metamorphen Gesteinen bildet sich Apatit bevorzugt während der Metamorphose phosphathaltiger Sedimente, wie etwa phosphatführender Kalke oder Tonsteine, wobei durch Rekristallisation oder Mobilisierung von Phosphorionen größere idiomorphe Kristalle in Marmoren oder Paragneisen entstehen können. Sedimentär gebildeter Apatit ist hauptsächlich als mikrokristalliner Kollophan (karbonatreicher Fluorapatit) in Phosphoritlagerstätten bekannt. Diese entstehen diagenetisch in marinen Becken unter Bedingungen reduzierter Zersetzung organischer Materie, in Verbindung mit der Freisetzung von Phosphat durch mikrobielle Prozesse[8].
Weltweit bedeutende Vorkommen sind in der Kola-Halbinsel (Russland) mit der apatitreichen Ijolith-Urtit-Intrusion des Chibinen-Komplexes dokumentiert. Sedimentäre Lagerstätten, etwa in der Westsahara und in Marokko, stellen einen Großteil der globalen Phosphatproduktion dar. Weitere wichtige Fundorte liegen in Kanada (Lac à Paul, Québec), Brasilien (Itaquiraí), Südafrika (Palabora-Komplex) sowie Indien und Madagaskar.
Aussehen & Eigenschaften
Apatit kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem, meist in prismatischen Kristallen mit glasartigem Glanz und muscheligem bis unebenem Bruch. Seine Mohshärte beträgt 5, was ihn zum Referenzmineral dieser Härtestufe macht. Die Dichte liegt im Bereich von 3,1 bis 3,2 g/cm³. Die Farbe von Apatit ist sehr variabel und reicht von farblos über grün, gelb, blau, violett, rosa bis braun. Diese Vielfalt ergibt sich aus Spurenmetallen wie Fe²⁺/Fe³⁺, Mn²⁺, V, Cr³⁺ oder seltenen Erden, welche als Substitutionen im Kristallgitter vorliegen[9].
Strukturell erlaubt das Apatitgitter eine erhebliche Anzahl von Substitutionen auf den Ca- und PO₄-Positionen sowie den Anionenkanälen, was sich in seiner hohen geochemischen Variabilität niederschlägt[9]. Besonders der Austausch von F⁻, OH⁻ und Cl⁻ im Anionenkanal sowie die Belegung der Ca-Positionen durch Seltene Erden oder Schwermetalle spielt sowohl mineralogisch als auch industriell eine wichtige Rolle. Apatit ist die wichtigste industrielle Quelle für Phosphor zur Herstellung von Düngemitteln (Superphosphat, Phosphorsäure) sowie in der Metallurgie (Schlackenbehandlung, Entschwefelung).
Im medizinischen Bereich ist synthetisch hergestellter Hydroxylapatit bedeutend als biokompatibles Material für Knochenersatz und Zahnimplantate, da er dem mineralischen Bestandteil des menschlichen Knochens entspricht. In der Schmuckindustrie wird Apatit trotz seiner geringen Härte wegen seiner Farbschönheit verwendet – insbesondere Varianten mit ausgeprägtem Katzenaugeneffekt erfreuen sich großer Beliebtheit.
Formel |
Ca₅[(F,Cl,OH)|(PO₄)₃] + Na, Mg, Mn, Sr, Y, Se, CO₃, SO₄ |
Mineralklasse |
8 |
Kristallsystem |
hexagonal |
Mohshärte |
5 |
Dichte |
3,1 - 3,2 |
Spaltbarkeit |
schwach bis undeutlich |
Bruch |
muschelig, spröde |
Strichfarbe |
weiß |
Farbe/Glanz |
Glasglanz, manchmal harzartig |
Manipulation & Imitation
Apatit wird aufgrund seiner Farbvielfalt häufig behandelt, um die Farbintensität zu erhöhen oder eine besonders gleichmäßige Farbausprägung zu erzielen. Blauer Apatit, der im Edelsteinhandel sehr gefragt ist, kann durch Gamma- oder Elektronenstrahlbestrahlung intensiviert werden. Durch gezielte Einwirkung auf farbverursachende Zentren im Kristallgitter – insbesondere Fe³⁺, Mn²⁺ oder Pb²⁺ – lässt sich der Farbton verstärken oder verschieben. Besonders die Umwandlung hellerer bis grünlicher Apatite in tiefblau erscheinende Steine ist dokumentiert[10].
In einzelnen Fällen kann Wärmebehandlung zur Farbveränderung führen, wobei Apatit weniger thermisch stabil ist als z. B. Quarz. Temperaturen ab etwa 400 °C können zu Entfärbung oder Umfärbung führen. Farbveränderungen sind reversibel, insbesondere unter Lichteinfluss. Aus diesem Grund sind bestrahlte Apatite oft empfindlich gegenüber UV-Licht und können verblassen[10].
Fälschungen sind relativ selten, jedoch können synthetische Gläser oder gefärbte Quarze ähnlich aussehen. Eine sichere Identifikation natürlicher Apatitkristalle gelingt über optische Spektroskopie (UV-VIS, FT-IR) und Brechungsindizes. Besonders gleichmäßige Farbverteilung, hohe Transparenz und das Fehlen jeglicher Einschlüsse können ein Indiz für eine Behandlung oder Nachahmung sein[11]. Synthetische Apatite mit Farbeffekten wie Farbwechsel wurden bereits in Laborstudien erzeugt und können bei unzureichender Analyse mit natürlichen Exemplaren verwechselt werden[11].