Etymologie
Der Begriff Aquamarin ist eine Zusammensetzung aus den beiden lateinischen Worten „aqua“ (= „Wasser“) und „marina“ (= „zum Meer gehörig“) und bedeutet übersetzt so viel wie „Meerwasser“.[1] Die Bezeichnung bezieht sich auf die „zartblaue“ bis „blaugrüne“ beziehungsweise „seegrüne“ Farbe des Minerals. Der Mineraloge Max Bauer berichtet in seinem Werk „Edelsteinkunde“ aus dem Jahre 1896, der Begriff gehe unter anderem auf eine alte Sage zurück, in der berichtet werde, dass Aquamarin im Wasser unsichtbar werde.[2] Eine im 19. Jahrhundert entstandene Ableitung zur Namensherkunft bezieht sich auf eine andere Sage, in der Aquamarin ein Schatz der Meerjungfrauen gewesen sein soll.[2] In Europa ist der Farbenname für die blaue Beryllvarietät seit der Renaissance im 15. und 16. Jahrhundert nachweisbar in Gebrauch.[3]
Überlieferung & Mythos
Die Alten verstanden unter Aquamarin häufig das Gestein Beryll. Als solcher genoss er bereits in der Antike höchstes Ansehen. Er ist einer der zwölf Steine des Schilds des Hohenpriesters zu Israel und einer der zwölf Steine der Stadtmauer, der in der Bibel erwähnten, Stadt, Neujerusalem. Die Römer verwendeten Aquamarine zur Verzierung ihrer goldenen Kelche. Bereits in der Antike genoss der Stein aufgrund seiner Heilwirkung hohes Ansehen, machte sich auch im Mittelalter einen großen Namen und wurde seit Anbeginn der Menschheit zu Schmuck verarbeitet.
Entstehung & Vorkommen
Aquamarin ist die blaue bis blaugrüne Varietät des Minerals Beryll (Be₃Al₂Si₆O₁₈) und kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem. Die Bildung erfolgt primär in granitischen Pegmatiten, in denen Beryllium unter spätmagmatischen bis hydrothermalen Bedingungen kristallisiert[1]. Diese Pegmatite entstehen aus Restschmelzen granitischer Plutone, wobei Aquamarin bevorzugt in deren zentralen oder randlichen Gängen auftritt, oft zusammen mit Quarz, Muskovit und Feldspat. Im Masino-Bregaglia-Massiv der Zentralalpen treten Aquamarine in spät intrudierten Pegmatiten auf, die in einem tonalitisch-granodioritischen Pluton liegen[2].
Brasilianische Aquamarine aus Minas Gerais, speziell aus den Regionen Governador Valadares und Araçuaí, zeigen große Variabilität in chemischer Zusammensetzung und Wassergehalt in den Kanälen, was sich direkt auf Farbe und Dichte auswirkt[1]. Aquamarin aus Pakistan stammt überwiegend aus hoch gelegenen Pegmatiten in der Shigar-Region, wo die Kristalle in Form von gut ausgebildeten Prismen innerhalb von Muskovit-Schichten auftreten[3]. Weitere natürliche Vorkommen befinden sich in Kanada (Zealand Station, New Brunswick), wo Aquamarin in Greisen und Quarzadern innerhalb von metamorph überprägtem Granodiorit vorkommt[4], sowie in Arizona (Sierrita Mountains), wo Aquamarin aus quarzreichen Pegmatiten in Graniten geborgen wird[5]. In Kenia ist Aquamarin im Meru-Gebiet Teil der Mozambique-Gürtel-Struktur und wird aus grobkörnigen, teilweise metasomatisch umgewandelten Pegmatiten gewonnen[6].
Aussehen & Eigenschaften
Aquamarin erscheint meist als langprismatischer Kristall mit glasartigem Glanz und typischem hexagonalem Querschnitt. Die Härte beträgt 7,5 bis 8 auf der Mohs-Skala, die Dichte liegt bei ca. 2,68–2,74 g/cm³, der Brechungsindex bei nₒ ≈ 1,580–1,590 und nₑ ≈ 1,572–1,579, mit einer Birefringenz von etwa 0,008[2]. Typisch ist ein ausgeprägter Pleochroismus zwischen farblosem bis grünlichem und intensiv blauem Ton[2],[4].
Die Farbe entsteht hauptsächlich durch Eisenionen: Fe²⁺ ist verantwortlich für bläuliche Farbtöne, Fe³⁺ für grünliche Nuancen[1]. UV-Vis-Spektren zeigen klare Absorptionsbanden bei ~370 nm und 426 nm (Fe³⁺) sowie eine breite Bande bei ca. 820 nm (Fe²⁺). Eine schwächere Bande um 600 nm wird mit einem Intervallenzladungsübergang zwischen Fe²⁺ und Fe³⁺ in Verbindung gebracht[2]. In einigen seltenen Fällen, wie etwa im Meru-Gebiet (Kenia), tritt Chatoyanz (Katzenaugeneffekt) auf, verursacht durch parallele, vermutlich fluidgefüllte Röhrchen oder Plättchen entlang der c-Achse[6].
Flüssigkeitseinschlüsse mit zwei oder drei Phasen, Heileinschlüsse und Wachstumslinien sind verbreitet und liefern wichtige Anhaltspunkte zur Unterscheidung von synthetischem oder behandeltem Material[1],[2].
Formel |
Be₃Al₂[Si₆O₁₈] + (Fe²⁺ und Fe³⁺) |
Mineralklasse |
9 |
Kristallsystem |
hexagonal |
Mohshärte |
7.5 - 8.0 |
Dichte |
2.68 - 2.74 |
Spaltbarkeit |
schwach, basal |
Bruch |
uneben, muschelig |
Strichfarbe |
weiß |
Farbe/Glanz |
Glasglanz |
Manipulation & Imitation
Zur Farbverbesserung wird Aquamarin häufig wärmebehandelt. Durch Erhitzen auf 400–500 °C in oxidierender Atmosphäre wird Fe³⁺ reduziert, wodurch die grünliche Komponente entfernt und ein intensiveres Blau erzielt wird[1],[2]. Diese Veränderung ist weitgehend stabil, bewirkt jedoch eine Umverteilung der absorbierenden Zentren, was sich in spektralen Veränderungen zeigt. Fe³⁺-assoziierte UV-Vis-Banden verschwinden, während Fe²⁺-Signale dominieren[2].
Infrarotspektroskopie kann zwischen natürlichen und behandelten Aquamarinen differenzieren. Typ-I- und Typ-II-Wasser zeigt charakteristische Absorptionsbanden im Bereich 3699, 3660 und 3597 cm⁻¹. Wärmebehandlungen können diese Banden verändern oder abschwächen[2], [3]. Weitere Indizien liefern morphologische Merkmale wie homogenisierte Farbverteilungen oder verschwundene Zonierungen. Synthetische oder polymergefüllte Aquamarine (z. B. aus China) lassen sich durch FTIR und Raman-Spektroskopie identifizieren[3].